Telemonitoring: Digitaler Lebensretter

Eindeutige Evidenz von TmHi überzeugt

Das Ärzteblatt hat einen umfassenden Artikel mit dem Titel Telemonitoring: Digitaler Lebensretter veröffentlicht. Hierin erläutern die Autoren die Einsatzgebiete und Funktionsweisen von Telemonitoring. Und sie richten den Blick auf die Hintergründe, vor allem die jahrelangen Forschungen und Entwicklungsprojekte, die dem GB-A Beschluss vorangingen. Denn um eine Behandlungsmethode in die Regelversorgung einzuführen, muss zwingend eine eindeutige Evidenz nachgewiesen werden.

Bei TmHi wurde eben jene notwendige Evidenz in zahlreichen unabhängigen Studien sowie Projekten u.a. an der Berliner Charité eindeutig belegt. Bereits diese Studienprojekte der Charité Berlin unter der Leitung von Prof. Köhler kamen zu dem Ergebnis, dass Telemonitoring bei Herzinsuffizienzpatienten zu weniger Krankenhausaufenthalten und einer längeren Lebensdauer im Vergleich zur herkömmlichen Behandlung führt. Die klaren Resultate überzeugten den G-BA und trugen schließlich dazu bei, dass Telemonitoring Anfang 2022 Teil der Regelversorgung wurde. 

Größte Real-World-Studie belegt Evidenz von TmHi

Untermauert wurden die Analysen der Charité durch die Ergebnisse in der Versorgungsrealität der weltweit größten Real-World-Studie zu Telemonitoring bei Herzinsuffizienz. Diese beruht auf Basis von Daten des kombinierten Telemonitoring- und Telecoaching-Programms mecor der HCSG, an der über 12.000 Patienten teilnahmen. Darin wird die Wirksamkeit dieser Betreuungsmethode – geringere Sterberate, weniger Krankenhausfälle und kürzere Krankenhausaufenthalte in der Gruppe der Patienten, die telemedizinisch betreut wurden – überzeugend bestätigt.

Dennoch: Trotz der offensichtlichen Vorteile und des medizinischen Nutzens von Telemonitoring bei Herzinsuffizienz bestehen (noch) große Herausforderungen bei der flächendeckenden Implementierung. Die Finanzierung erfolgt über den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM). Das heißt, dass Krankenhäuser ohne Ermächtigung ausgeschlossen sind, TmHi anzubieten und aktuell lediglich der vertragsärztliche Bereich, wie kardiologische Praxen, Telemonitoring für herzinsuffiziente Patienten durchführen kann. Für diesen ist die extrabudgetäre Vergütung zwar bereits recht attraktiv. Aber die kardiologischen TMZs scheinen vor der  Herausforderung zu stehen, die neue Behandlungsmethode in ihre Praxisabläufe effektiv zu integrieren. Teil des hedy Telemonitoring-Programms ist, die Praxen bei der Inbetriebnahme und Integration der Patienten mit einem professionellen Prozess bestmöglich zu unterstützen. So kann die neue Serviceleistung TmHi ohne zusätzliche Belastung in den Praxisalltag eingeführt werden und alle potentielle Patienten werden zuverlässig über die Möglichkeit, sich telemonitorisch betreuen zu lassen informiert.

Anreize zum flächendeckenden  Einsatz von TmHi schaffen

Dr. Benedikt Simon, Chief Officer Integrated and Digital Care bei Asklepios Kliniken, stuft den Finanzierungsanreiz für den niedergelassenen Bereich trotz extrabudgetärer Vergütung immer noch als zu niedrig ein, um bei dieser „wahnsinnig tollen“ Versorgungsform mitzuwirken. Auf  einem Kongress zum Thema „Junge Wissenschaft und Praxis“ in Berlin kritisierte er: „Wir wissen, es ist eine überlegene Technologie, es ist refinanzierbar und es spart Krankenhausaufenthalte, aber es kommt einfach nicht zur flächendeckenden Umsetzung, weil die Anreize nicht richtig gesetzt sind“. Die Information und der relativ geringe Anreiz für PBAs – i.d.R. die Hausärzte – scheinen verbesserungsbedürftig.

Zum Hintergrund: Die neuen Leistungen wurden zum 1. Januar 2022 in den einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) aufgenommen und werden extrabudgetär honoriert. Die Höhe der Vergütung hatte der Erweiterte Bewertungsausschuss im Dezember 2021 gegen die Stimmen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) festgelegt. Diese hatte eine deutlich höhere Vergütung gefordert – was die Krankenkassen jedoch ablehnten. Zum 1.1.2024  wurde der bundeseinheitliche Orientierungspunktwert – damit auch für Telemonitoring bei Herzinsuffizienz (TmHi) – um knapp 4% pro Patient erhöht. 

Allen HI-Patienten sollte Telemonitoring offen stehen

Professor Köhler sieht zudem Potential darin, Telemonitoring auch auf andere HI-Patienten auszuweiten. Er meint, die Richtlinie müsse sich an der aktuellen Evidenz orientieren und weiterentwickelt werden. „Die Hälfte der Herzinsuffizienzpatientinnen und -patienten haben eine linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) > 40 Prozent. Diese würden auch vom Telemonitoring profitieren, sind aber nach der aktuellen G-BA-Beschlusslage nicht berücksichtigt“, kritisierte Köhler.

Zu diesem Ergebnis gelangte auch die LEV Studie der Uni Würzburg zum Einsatz von Telemonitoring, die für ALLE herzinsuffizienten Patienten klinisch relevante Vorteile belegt, über die verschiedenen LVEV-Subgruppen hinweg. Sie weisen nach, dass Telemonitoring auch bei leicht reduzierter oder erhaltener Pumpfunktion klare klinische Vorteile hat. „Ausgerechnet für die beiden bisher von der telemedizinischen Versorgung ausgeschlossenen Krankheitsformen gibt es deutlich weniger evidenzbasierte Behandlungsformen als für die HFrEF.“ Dabei sei der Bedarf hier besonders hoch, wie der Autor der Studie Dr. Kerwagen dazu anmerkt.

Für Professor Köhler lautet das Ziel, alle Patientinnen und Patienten, die mit einer kardialen Dekompensation im Krankenhaus erstmalig behandelt werden, in das Telemonitoring-Programm zu bringen. Dies würde zu einer deutlich höheren Lebenserwartung führen. Derzeit haben rund 150.000 Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz Anspruch auf Telemonitoring. Köhler zufolge befinden sich aktuell aber nur rund fünf Prozent (7.500!) dieser Patientinnen und Patienten in der telemonitorischen Betreuung.

Es besteht also noch reichlich Luft nach oben. Die Herausforderungen sowohl bei der Implementierung und als auch der Finanzierung müssen angegangen werden, um das volle Potenzial dieser Technologie schneller auszuschöpfen.

Potenzial auch in der technologischen Weiterentwicklung von Telemonitoring

Darüber hinaus gibt es Möglichkeiten Telemonitoring auch mithilfe technologischer Neuerungen zu verbessern, weiter zu entwickeln und so noch leistungsfähiger zu machen. Zum Beispiel ist eine Verknüpfung mit der elektronischen Patientenakte (ePA) vorstellbar. Damit könnten Vitalparameter direkt in die ePA geschrieben werden, so dass Ärztinnen und Ärzte niedrigschwellig darauf Zugriff hätten.

Telemonitoringspezialist und Facharzt Köhler erklärt: „Künstliche Intelligenz (KI) bietet eine Möglichkeit, um das Telemonitoring weiterzuentwickeln und zu verbessern“. So könne die KI die Daten analysieren und lediglich die auffälligen Werte würden künftig von einer Ärztin oder einem Arzt überprüft. Zudem könne KI auch vorgeben, welche Daten besser zweimal täglich oder nur zweimal pro Woche überprüft werden müssten, so Köhler. Derzeit läuft eine Studie zur Stimmerkennung. Die Forscher wollen belegen, dass hier KI einen vielversprechenden Beitrag leisten und zum Beispiel bei schwerer Atmung Wasseransammlung in der Lunge voraussagen kann.

Auch bei TmHi können sogenannte Wearables, beispielsweise Smartwatches – digital mit dem Handy verknüpfte Armbanduhren – eine wichtige Rolle spielen. Diese werden bereits ohnehin von vielen Menschen getragen. Mit ihrer Hilfe könnten mehrmals täglich ohne zusätzlichen Aufwand beispielsweise der Blutdruck gemessen oder ein EKG aufgezeichnet werden.

Fazit

Um Krankenhäuser und Gesundheitssystem zu entlasten, muss die ambulante Betreuung chronischer Patienten optimiert und ausgeweitet werden. Experte Köhler findet, dass eine voranschreitende Ambulantisierung ohne Telemedizin „überhaupt nicht denkbar“ ist. „Patientinnen und Patienten müssen an der virtuellen langen Leine bleiben und zu Hause entsprechend digital monitoriert werden.“ Immer vorausgesetzt, dass die Evidenz gewahrt ist, was im Falle von TmHi eindeutig der Fall ist.